Die typografische Regel ist ein scheues Reh. Texte zur Typografie

Physiognomik der Typografie

Die Frage: Ist es zulässig, vom Schriftbild auf den Inhalt des Textes oder sogar auf den Charakter des Autors zu schließen?

Antwort: Aus der Typografie und der Schrift können nur ästhetische und künstlerische, kaum zu generalisierende Merkmale abgeleitet werden. Um auf den Inhalt des Textes zu kommen, muss er gelesen werden.

Dazwischen: etwas über den Zusammenhang von Form und Inhalt (Einsatz von Schriften in den verschiedenen Textarten, des weiteren Schriftformen von der humanistischen Minuskel bis zu Formdetails, es kommen Gerstner, Tschichold, Luidl ins Spiel) über Präsupposition (implizite Voraussetzung, Sprachphilosophie und Linguistik), Präsignale, Proposition. Es handelt sich um einen linguistischen Blick auf Text.
Nimmt man die Begriffswedelei mal beiseite bleibt die Begegnung von Physiognomik (Rückschluss von der Form – hier der Körper, speziell das Gesicht – auf den Inhalt – hier den Charakter) und Typografie. Das ist ein interessanter Ansatz, der aber ohne Herleitung und weitere Erläuterung einsam bleibt.

Für die Typografie ist dieser Ansatz zu schmal, zu simpel – das mag auch an der Physiognomik liegen.

Stachelhaus, Tankred; Studienarbeit, Universität-Gesamthochschule Essen; 1997

 

Ulrike Borinski, 24.04.2014, * home, Impressum