Die typografische Regel ist ein scheues Reh. Texte zur Typografie

Die Gestaltung moderner Lehrbücher
eine Untersuchung am Beispiel betriebswirtschaftlicher Studienliteratur

Es ist Neuland, das B. Schlösser mit dieser Dissertation betritt. Sie untersucht Lehrbücher unter Aspekten der Typografie und Gestaltung, diese in didaktischer Hinsicht. Sie geht der Frage nach: wie ein Lehrbuch beschaffen sein muss, damit es seinen versprochenen Nutzen hält. Ihre Forschungshypothese: »Je besser ein universitäres Lehrbuch typografisch und didaktisch unter Berücksichtigung wahrnehmungstheoretischer Aspekte gestaltet ist, desto größer sind Akzeptanz und Nutzen von Lehrbüchern durch Studierende.«.

Dazu entwirft sie ein Themennetz, das von Typografie über Didaktik, von buchwissenschaftlichen Aspekten über Wahrnehmungspsychologie, Mediennutzungsforschung und Thesen zur Lesen und Lesbarkeit reicht. Es sondiert die Forschungslage und setzt grundlegend erste Ansätze in einem wissenschaftlichen Umfeld, in dem eine Lehrbuchforschung nicht existiert und Grundlegendes über Typografie und ihre Wirkung kaum bekannt ist.

Sie kommt – neben einer Definition – zu einer Beschreibung dessen, was zu einem guten Lehrbuch gehört. Hier werden vier Parameter genannt: Zielgruppe (Plath, 1998) didaktische Textstrategien (Groeben, 1982), Satzkonstruktion (Früh, 1980) und didaktische Typografie (Nadolski, 1984). Die Beiträge zur didaktischen Typografie nehmen einen Löwenanteil in der Beschreibung ein. Sie entstammen alle dem Sammelband »Didaktische Typografie«, 1984 entstanden nach einem internationalen Symposium zum Thema – es fand im Rahmen der Internationalen Buchkunstausstellung iba in der DDR statt. Das Feld ist überraschend klein, aber hochkarätig besetzt: Nadolskis Didaktische Typografie ist ein Fundament – um es nicht Grundlagenwerk zu nennen – und in der Hand fast aller mir bekannten TypografInnen, die sich mit dem Thema befassen.

Kernstück der Arbeit ist eine Umfrage unter Studierenden der BWL. Diese wurden befragt über Umgang und Verwendung von Lehrbüchern. Sie bewerteten 5 verschiedene Layouts indem sie Fragen nach hilfreichen Merkmalen, Lese- resp. Lernfreundlichkeit und Auswahlkriterien beantworteten. In den Auswertungen bestätigen sich die Kriterien aus der Theorie.

Die Definition:
»Ein Lehrbuch ist ein auf gesicherten Erkenntnissen der Wissenschaften aufbauendes, überwiegend für die Hochschulbildung einsetzbares Buch, das einen bestimmten didaktisch aufbereiteten Themenbereich abhandelt und verschiedene Forschungspositionen parallel beinhalten kann. Ein Lehrbuch hat dem Namen nach die Aufgabe zu lehren. Diese Lehre kann auch im Selbststudium stattfinden.«

Schlösser, Barbara: Die Gestaltung moderner Lehrbücher : eine Untersuchung am Beispiel betriebswirtschaftlicher Studienliteratur. Baden-Baden, 2012
Früh, Werner: Lesen, verstehen, urteilen: Untersuchungen über den Zusammenhang von Textgestaltung und Textwirkung. Freiburg, 1980
Groeben, Norbert: Leserpsychologie: Textverständnis – Textverständlichkeit. Münster, 1982
Plath, Ingrid: Probleme der Wissenschaft? Lehrerurteile über pädagogisch-psychologische Literatur. Baden-Baden, 1998
Nadolski, Dieter (Hrsg.): Didaktische Typografie. Ein Sammelband. Leipzig, 1984

 

Ulrike Borinski, 26.10.2013, * home, Impressum